Text: Christian Lenk
In den letzten drei Jahren berichten wir immer wieder über den Freudenstädter Marc Tiburski, der am 24.12., auf den Tag genau seit 1224 Tagen auf seinem Gravel-Fahrrad die Welt bereist. In dieser Zeit saß der Radnomade sage und schreibe 4.522 Stunden im Sattel, in denen er genau 67.198 Kilometer und 685.851 Höhenmeter bewältigte. Seine produktivsten Tage, was die Kilometerleistungen angeht, waren die Donnerstage mit insgesamt 10.323 Kilometern; an den Samstagen hingegen ließ er es mit „nur“ 8.994 Kilometern eher ruhiger angehen.
Allein rund 17.000 Kilometer seiner bis heute zurückgelegten Strecke absolvierte Tiburski in der Türkei und damit die meisten aller seiner bisher 47 bereisten Länder. Am wenigsten Strecke machte
er dagegen in San Marino und Monaco mit jeweils nur 13 Kilometern. Eine weitere beeindruckende Zahl im Hinblick auf Marc Tiburski ist seine schiere Reisezeit. Die bisher drei Jahre und drei
Monate entsprechen nämlich fast exakt 10 % seines bisherigen Lebens.
Seit rund zwei Monaten gastiert der Freudenstädter nun im zentralafrikanischen Äquatorialguinea. Dort hat er ein Ehepaar kennengelernt – einen Schweizer und dessen Frau aus Kamerun –, das ihn zum
Bleiben einlud. „Eigentlich wollte ich auf jeden Fall bis Südafrika weiterfahren, aber die Pause aktuell kam mir dennoch gerade recht“, umschreibt der Abenteurer seine ungeplante Reisepause in
Malabo, der Hauptstadt von Äquatorialguinea.
Im einzigen spanischsprachigen Land Afrikas, vor allem bei seinen Gastgebern, hat Tiburski nämlich eines wiedergefunden, was ihm im bisherigen Afrika am meisten fehlte – die Ruhe und Zeit für
sich. „Überall, wo ich bisher war, war ich der berühmte Exot auf dem Fahrrad, und die Leute feierten mich. Irgendwie ein tolles Gefühl, aber du hast eben nie deine Ruhe. Dank der etwas
reservierter auftretenden Menschen hier in Äquatorialguinea und dem fast schon europäischen Standard, vor allem bei meinen Gastgebern, habe ich auch mal wieder Zeit für mich. Das tut gut.“
Der Weg seit unserem letzten Bericht bis zu seinem aktuellen Aufenthalt hielt neben den vielen Begegnungen auch so einiges an Herausforderungen bereit. Ganz besonders in Erinnerung blieb dabei
die Grenze zwischen Nigeria und Kamerun im subtropischen Bergland. Die einzige richtige Straße, die die beiden Länder in dieser Region verbindet, ist nämlich eine kleine Berühmtheit – nicht aber
wegen der tollen Kulisse, sondern wegen ihrer Beschaffenheit. Die schlechtesten Waldwege in Europa sind besser als diese Hauptverkehrsachse: kaum ein Meter ohne tiefe Schlaglöcher, größtenteils
eine Matschpiste, sumpfige, extrem rutschige Abschnitte sowie aufgrund ihrer Tiefe kaum passierbare Pfützen, für die diese Straße berühmt-berüchtigt ist.
Auf seinem Weg zur kamerunischen Grenze traf Marc Tiburski einen weiteren Deutschen, der dort gerade die gleiche Route nahm, allerdings mit dem Auto. Dank des Gravelbikes, mit dem der radelnde
Deutsche gut um die Löcher herumkam, bewältigten beide diese nur 120 Kilometer lange Passage in einer gefühlten Ewigkeit von vier Tagen nahezu gleich schnell. In Kamerun angekommen wartete
dann aber die Belohnung in Form einer tollen Landschaft. Von Regenwald überzogene Berge und eine Vielzahl an tropischen Bächen mit malerischen Wasserfällen nutzte der 33-Jährige für einige schöne
Wanderungen, bevor seine Reise südwärts weiterging.
Auch in Äquatorialguinea warteten zuletzt eine ganze Menge an einmaligen Erlebnissen auf den Schwarzwälder. Die Strände in einem der kleinsten Staaten Afrikas sind nämlich weltberühmt als
Brutgebiet der vom Aussterben bedrohten Lederschildkröte und damit der größten Schildkröte der Erde. Hier konnte Tiburski kürzlich einen Blick auf die gepanzerten Meereskolosse bei ihrer Eiablage
erhaschen.
Aber auch sportlich gab es zuletzt zwei Höhepunkte. In der Hauptstadt von Äquatorialguinea, in Malabo, fand zum ersten Mal der Malabo-Marathon statt. Die Hitze, die hohe Luftfeuchtigkeit und die
Streckenlänge von 46 Kilometern – obwohl ein Marathon normalerweise 42 Kilometer lang ist – forderten ihren Tribut. „Ich dachte mir, wenn ich schon mal da bin, kann ich auch mitlaufen. Ich bin im
ganzen Jahr in Summe nur knapp 50 Kilometer gelaufen, und so wurde dieser Tag zum härtesten meiner bisherigen Reise.“ Fast genauso hart war eine Rad-Herausforderung am Berg. Am Pico Basile
fuhr Tiburski von Meeresspiegelhöhe bis auf 2800 Meter hinauf. Auch hier zerrten Hitze und Luftfeuchtigkeit am radelnden Weltenbummler. „Das Klima hat mich total gekillt, und ich kam auf der
letzten Rille oben an“, schmunzelt Marc Tiburski rückblickend.
Aber eine Weltreise ist eben nur eine Weltreise, wenn sie auch weitergeht. „Die Ruhe hier in Malabo ist toll, aber so langsam kribbelt es wieder, weiterzufahren“, umschreibt er seine derzeitige
Gefühlslage. Noch bis Neujahr wird er in Malabo bei seinen Gastgebern verweilen, bevor er sich Anfang 2025 wieder auf den Weg weiter nach Süden macht. Davor aber wartet am Heiligabend erst einmal
noch ein leckeres Raclette wie zu Hause – dank seines Schweizer Gastgebers.
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