Warum kleckern, wenn man auch klotzen kann, muss sich BH beim iGravelX Carbon Pro 2.9 gedacht haben. Das Spitzenmodell der iGravelX-Serie trumpft mit Superlativen auf, wie man es von einem dramatischen Auftritt eines spanischen Toreros erwartet. Beim Mittelmotor kommt kurzerhand eine Eigenentwicklung von BH in Zusammenarbeit mit dem Automobilzulieferer SEG zum Einsatz, die ihrem deutschen Pendant, dem Bosch SX, im Grunde in nichts nachsteht.
BH gibt eine Spitzenleistung von 500 W bei satten 65 Nm Drehmoment an – diesen Wumms spürt man beim Fahren deutlich. Weniger auffällig ist die Geräuschkulisse. Zwar ist der Motor stets gut wahrnehmbar, jedoch leiser als der SX. Mit dem TQ oder gar Nabenmotoren kann er in Sachen Lautstärke allerdings nicht mithalten.
Auch beim Akku zeigt man sich in Spanien großzügig: 420 Wh sind im Unterrohr integriert. Der bei der Konkurrenz optionale Range-Extender in Trinkflaschenoptik wird hier gleich mitgeliefert, wodurch sich die Gesamtkapazität auf satte 600 Wh erhöht. BH gibt eine Reichweite von bis zu 190 km an, was wir einerseits für sehr optimistisch halten, andererseits gehörte der Antrieb des iGravelX tatsächlich zu den effizientesten in unserem Test.
Jedenfalls dürfte dem Bike bei vorausschauender Fahrweise nicht so schnell die Puste ausgehen – sofern nicht ständig der Boost genutzt wird. Die Bedienung ist ebenfalls einzigartig: Der
Einschaltknopf, mit dem auch die drei Fahrmodi ausgewählt werden, steckt nicht im Oberrohr, sondern ist quasi in der Ahead-Kappe des Vorbaus integriert. Der Akkustand und der Fahrmodus – mehr
zeigen die kreisrund angebrachten LEDs nicht an – sind zwar gut ablesbar, doch es ergeben sich gewisse Einschränkungen, was die Höhenverstellung des Lenkers betrifft.
Mit der BH iConnectZ App lassen sich die zwei niedrigeren Unterstützungslevel geringfügig anpassen, in der höchsten Stufe kann lediglich der Farbton der LED geändert werden. Weitergehende
Funktionen bietet die etwas spartanische App derzeit nicht; selbst der genaue Akkustand lässt sich nicht ablesen. Hier ist Potenzial für zukünftige Updates gegeben.
Ansonsten bietet das iGravelX die gleiche Rahmentechnologie wie seine nicht motorisierten „Hermanos“, d. h., es ist ein spezielles Anti-Vibrationssystem in die Ketten- und Sitzstreben integriert.
Trotz der sehr sportlichen Geometrie ist das iGravelX dadurch extrem komfortabel; die Technik funktioniert in der Praxis bestens.
Geschaltet wird mittels Shimanos 12-fach GRX in der elektronischen Di2-Variante. Das funktioniert hervorragend und sorgt in Verbindung mit der 46/36-Carbonkurbel von FSA für eine große Bandbreite
der Gänge in feiner Abstufung. Der Aero-Lenker sowie die Sattelstütze bestehen ebenfalls aus Carbon. An letzterer lässt sich als zusätzliches Gimmick ein vom Akku gespeistes, optionales Rücklicht
werkzeuglos per Magnet anbringen.
Das Thema Bikepacking ist hingegen nicht ganz nach dem Geschmack des BH iGravelX; es sträubt sich ein wenig dagegen, beladen zu werden. Außer zwei Anschraubpunkten an der Gabel sind keine
weiteren Befestigungsmöglichkeiten vorhanden. Aber das ist in Ordnung – schließlich ist das iGravelX ein Andalusier und kein Packesel.
TECHNIK:
- Preis: 7.999,90 Euro
- Gewicht: 14,5 kg (inkl. Range-Extender)
- Rahmengrößen: S, M, L, XL
- Rahmen: Gravel Carbon 28"
- Gabel: BH iGravelx Carbon ACR
- Antrieb: BHZ by SEG, 500 W, 65 Nm
- Akku:420 Wh integriert im Unterrohr + 180 Wh im Trinkflaschenhalter
- Display/Bedieneinheit: BH Core Display
- Lenker: FSA K-Wing AGX Carbon
- Vorbau: FSA 90 Ahead
- Sattel: Prologo Dimension Agx
- Sattelstütze: BH iGravelX Carbon
- Kurbel: FSA 46/36T, Carbon
- Kassette: Shimano CSM7101 12sp (11-34T)
- Schalthebel: Shimano GRX Di2
- Schaltwerk: Shimano GRX Di2 12sp
- Bremsen: Shimano GRX 160mm v/h
- Laufräder: Shimano RX570 TR (Aluminium)
- Reifen: Hutchinson Overide 700X45
Fazit: Mit dem iGravelX Carbon Pro 2.9 fährt BH alles auf, was das Arsenal hergibt. Das Ergebnis ist ein sehr sportliches, extrem spaßiges E-Gravelbike, das dennoch einen
unglaublichen Fahrkomfort bietet.
Der Motor gehört zu den stärksten verfügbaren Light-Assist-Aggregaten und dank des mitgelieferten Range-Extenders ist auch die Reichweite beachtlich.
Die App ist zwar noch ausbaufähig, funktioniert aber stabil und zuverlässig. So bleibt als einziger Wermutstropfen, dass all diese schönen Features auch ihren Preis haben: Das iGravelX ist das
teuerste E-Gravelbike unseres Testfeldes.
INFOS: www.bhbikes.com
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