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Graveltouren im Erzgebirge

Autor: David Bahn

Das Erzgebirge ist berühmt für seine lange Tradition im Bergbau, Schwibbögen und Räuchermännchen. Abseits dieser Stereotype und wahrscheinlich weniger bekannt, verdankt der Dollar seine Namensgebung dem Städtchen Joachimsthal im Erzgebirge. Offensichtlich für alle Besucher:innen sind dagegen die wunderschönen Kulturlandschaften und Naturräume, welche das Erzgebirge zu bieten hat. Wir haben diese - natürlich auf dem Gravelbike - erfahren und dabei so manche Überraschung entdeckt.

Als Mittelgebirgsregion mit weitläufigen Wäldern und Wiesen eignet sich das Erzgebirge perfekt für Graveltouren. Ein großes Netz an Forst- und Wirtschaftswegen bietet unzählige Möglichkeiten sich auszutoben und auf Entdeckungstouren zu gehen. Die Gipfel können in der Regel alle sehr gut befahren werden, mit Schiebe- oder Tragepassagen muss Mann oder Frau sich bei ordentlicher Planung nicht abmühen. Doch auch wer es technisch anspruchsvoll mag, findet z.B. mit der Stoneman Miriquidi MTB Rundstrecke über 162 km genug Möglichkeiten das Material zu quälen.

Am Stoneman Miriquidi, den es auch in einer Rennradvariante gibt, wird deutlich, dass die Region ein Herz für Bikerinnen und Biker hat. Denn auch abseits dieser weitläufig bekannten Aushängeschilder wird, insbesondere für Gravelbiker:innen, viel geboten. Zahlreiche vorgeplante Touren im gesamten Erzgebirge, für jeden Geschmack und jedes Fitnesslevel, warten darauf entdeckt zu werden.

Mit der Blockline hat das Osterzgebirge ein Bikeerlebnis der besonderen Art zu bieten, das wir euch natürlich nicht vorenthalten wollen und welches zugleich die erste Station unserer Reise war. Anschliessend fuhren wir weiter in den Mittelteil, wo mit dem Fichtelberg und Keilberg die zwei höchsten Berge des Erzgebirges darauf warteten von uns befahren zu werden.

Die Blockline im Osterzgebirge

Die Blockline ist so etwas wie die eierlegende Wollmilchsau unter den Touren im Erzgebirge. Egal ob mit der Familie, mit Freunden oder alleine, egal ob der sportliche Anspruch oder eher freizeitorientiertes Radeln im Vordergrund steht: Die Blockline schafft es scheinbar magisch all das unter einen Hut zu bringen. Einzig ein geländetaugliches Fahrrad ist Pflicht, wobei sich die Strecken allesamt als sehr gut geeignet für Gravelbikes herausgestellt haben.

Knackige 140 km bei ca 2.750 hm gilt es zu bewältigen, wenn man sich die Blockline am Stück als sportliche Herausforderung vornimmt. Dann bleiben allerdings die zahlreichen kleinen und großen Sehenswürdigkeiten und Überraschungen entlang der Strecke auf derselbigen. Empfehlenswerter ist es daher die Blockline in drei Segmenten, Loops genannt, anzugehen. Wir fanden auf unseren Touren die drei Loops mit Längen von 53 bis 66 km bei 1.010 bis 1.240 hm gut und durchdacht gewählt, um zwischendurch auch noch abseits der Strecke Abenteuer zu entdecken. Und davon gibt es reichlich.

Für Familien mit Kindern oder nicht ganz so fitte Biker, lässt sich die Blockline auch noch weiter auf insgesamt 15 Etappen herabbrechen, so dass letztlich, wie eingangs erwähnt, für alle Ansprüche etwas geboten ist.

Doch zurück zu den Abenteuern: Namenspatron und verbindendes Element im Geiste der Blockline ist Blockhausen, das absolute Highlight des zweiten Loops und Mekka der Motorsägenschnitzer. Hier findet jährlich der Blockhausencup statt, eine Art Weltmeisterschaft der Kettensägenschnitzkunst. 18 Großmeister aus 11 Ländern (USA, Mongolei, Großbritannien, Japan, Schweiz, Russland, Holland, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Deutschland) lieferten sich hier 2023 einen spannenden Wettkampf um die schönsten Kunstwerke. Wir hatten das Glück kurz nach dem Ende des Wettbewerbs einzutreffen, so dass die meisten Exponate noch vor Ort waren. Doch auch so hat der Ort durch seine Vielzahl an Skulpturen auf höchstem Niveau eine ganz eigene Magie. Planen Sie am besten mit mehreren Stunden Aufenthalt, hier gibt es viel zu entdecken.

Damit nicht genug, finden sich auf allen Loops entlang der Strecke immer wieder Holzskulpturen, Torbögen und Stelen, die uns nicht nur den Weg weisen, sondern förmlich in eine andere Welt tauchen lassen. Die Blockline ist dabei immer wieder für Überraschungen und lustige Ideen gut – man wähnt sich mehr in einem riesigen Freilichtmuseum vor einer grandiosen Naturkulisse als „nur“ auf einer schnöden Radstrecke.

Die Beschilderung ist übrigens absolut vorbildlich. Die gelben Schilder mit dem grünen B sind gut sichtbar und wurden absolut sinnvoll, im Sinne aus der Perspektive eines Radfahres, angebracht. Auch daran merkt man wieviel Liebe zum Detail in die Ausgestaltung der Strecken geflossen ist. Sollte also mal das Navi ausfallen oder der Akku die Segel streichen – kein Problem.

So ist es ein leichtes die landschaftlichen und kulturellen Highlights wie den Kahleberg, mit 905 hm höchster Berg auf der deutschen Seite im Osterzgebirge, oder das berühmte „Spielzeugmacherdorf“ Seiffen auf dem richtigen Track zu befahren.

Die Strecken sind insgesamt sehr durchdacht und bieten einen tollen Mix aus viel Natur und Kultur. Die Wege lassen sich, bis auf ganz wenige Ausnahmen, alle gut fahren. Single Trail Passagen sind selten und auf einem technisch sehr einfachen Level, auf dem jeder durchkommt. Trotzdem sind die einzelnen Loops konditionell durchaus nicht zu unterschätzen, mit 3-5 Stunden reiner Fahrtzeit, je nach Fitnessgrad und Loop, sollte man schon rechnen.

Für mich hat sich Holzhau bei Rechenberg-Bienenmühle als idealer Ausgangspunkt für die Loops der Blockline herausgestellt. Alle drei Loops sind von hier gut erreichbar, zudem befinden sich hier gleich mehrere sogenannte „Blockline-Inns“, bei denen es u.a. das Blockline Starterpaket mit Streckenkarten und vielen weiteren Infos und Gimmicks gibt. Auch weitere Services, wie z.B. Gepäcktransfer zwischen den Blockline-Inns, sind möglich.

Alles in Allem habe ich meinen Aufenthalt sehr genossen, auch wenn der letzte Tag auf der Blockline leider ein wenig ins Wasser fiel. Die Strecken sind liebevoll geplant und umgesetzt und bieten sich zum Geniessen und Entdecken geradezu an, ohne dass der sportliche Aspekt jedoch zu kurz kommt. Infos: https://blockline.bike/


Graveltouren im Ost- und Mittelerzgebirge

Nachdem ich die Blockline befahren hatte, hatte ich noch einen Tag im Osterzgebirge „übrig“, den es sinnvoll zu nutzen galt. Also Laptop raus, Route geplant und rauf aufs Gravelbike! Dankenswerterweise bietet der Tourismusverband unter dem Link am Ende des Artikels bereits fertige Touren an, welche ich dann nur noch leicht modifizeren musste.


Talsperre Fláje und Blick ins Böhmerbecken

Zum Abschluss wählte ich eine Tour ins Nachbarland Tschechien. Das Osterzgebirge fällt auf deutscher Seite nach Norden sanft hügelig ab, Richtung Süden stellt es vom böhmischen Becken aus hingegen eine richtige Wand dar. Daher wollte ich diesen Ausblick noch mitnehmen und nebenbei der Talsperre Fláje einen Besuch abstatten.


Eine schöne Tour, mit nur einem Manko, das bei eigenen Planungen ohne Ortskenntnis immer vorkommen kann: Nach der Talsperre wartete eine Tragepassage mit Bachquerung auf mich.


Schwarzwassertaltour

Auf dem Weg nach Marienberg machte ich in Olbernhau halt, um von hier das Schwarzwassertal in Angriff zu nehmen. Ein malerischer Ort mit saftigen Wiesen und mystischen Felsformationen, wie dem Nonnenfelsen. Stets begleitet vom mal mehr mal weniger sanften gräuseln, plätschern und rauschen der schwarzen Pockau.


Ich hatte das Glück wochentags hier sein zu können, so waren trotz des schönen Wetters nur wenig Wanderer und andere Radler unterwegs. Laut der Auskunft von Einheimischen sieht die Lage am Wochenende anders aus, dann blockieren außerdem touristische Pferdefuhrwerke die Wege. Also am besten an Werktagen befahren.


Fichtelberg und Keilberg Tour

Am letzten Tag im Erzgebirge durften natürlich die zwei höchsten Gipfel nicht fehlen. Der Fichtelberg (1.215 m) auf deutscher Seite und sein tschechischer Bruder Keilberg / Klinovec (1.244 m). Beide liegen vis-à-vis und lassen sich somit ideal zu einer Tour kombinieren.
Während die 12 km und 550 hm Anstieg auf den Fichtelberg erstaunlich ruhig und menschenleer waren, konnte der Kontrast am Gipfel nicht größer sein.


Unmengen von Menschen tummelten sich hier, was dem Umstand geschuldet ist, dass der Berg auch komplett ohne Anstrengung über eine Asphaltstraße befahrbar ist. Dennoch genoss ich die Aussicht (den starken Wind weniger) und sah das nächste Ziel, den Keilberg schon in Reichweite.  So sind es dann auch nur rund 8 km Fahrtstrecke und rund 200 hm und schon stand ich auf dem Keilberg. Hier herrscht ein ähnliches Getümmel wie auf dem Fichtelberg, nur dass hier die allermeisten Besucher Mountainbiker sind, die es in dem Trailpark krachen lassen. Anschliessend ging es recht entspannt erst durch Tschechien und dann vorbei an der Talsperre Cranzahl wieder zurück zum Ausgangspunkt Crottendorf.

Infos: https://regio.outdooractive.com/oar-erzgebirge/de/touren


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