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FAHRTECHNIK - Gravelbiken im Gelände

Text: Marc Brodesser / Fotos: Rock my Trail

Mit dem Gravelbike hat man das ideale Spaßgerät für abwechslungsreiches Radfahren in der Natur, jedoch ist es eine Sportart mit ernsthaften Konse- quenzen bei Fahrfehlern! Die Allround-Gene der Gravelbikes lassen viele bisherige Straßen-Fans auf Wald- und Wiesenwege fahren, also gilt: Das Optimieren der Fahrtechnik auf dem Geländefahrrad ist eine Grundvoraussetzung für mehr Sicherheit und Spaß! Trotz der Stollenreifen hat der sportliche Stil auf dem Gravelbike ein anderes Fahr-Feeling als auf dem MTB zur Folge. Fahrtechnik-Trainer Marc Brodesser aus dem Hochsauerland zeigt Euch im folgenden Beispiele und Übungen für Euer spielerisches Üben.

GRUNDPOSITION - ENTSPANNT UND REAKTIONSBEREIT ODER AKTIVIERT UND VORGESPANNT

Zentrale Position – entspannte und vorgespannte Haltung

Das sichere Stehen auf beiden Füßen hilft uns enorm für eine zentrale Haltung auf dem Bike, weil alte Gewohnheiten die Arme häufig zu sehr belastet lassen, mit zuviel Druck auf den Lenker. Optimaler- weise haben wir unser Körpergewicht voll auf unseren Beinen, den Lenker halten wir locker in der Hand (wie ein Eiswaffelhörnchen, das wir nicht zerdrücken wollen). Wir bleiben stets in einer zentralen Positi- on über dem Tretlager je nach Gefälle und Bodenverhältnissen bewegt sich das Gravelbike unter uns (Beispiel Steilstellen oder Treppen als Übung vor der Haustür). Hinweis: Für ein kraftsparendes Fahren geht man nur bei Bedarf in eine tiefere Haltung, häufig stehen Biker/innen perma- nent in einer Hocke, was Verkrampfungen und müde Beine verursacht.

BREMS-TIPPS FÜR MEHR SICHERHEIT UND FLOW

Die bissig zupackenden Scheibenbremsen an modernen Gravelbikes sind für Viele gewöhnungsbedürftig – beispielsweise wird aus Angst vor Überschlägen die Vorderrad- bremse häufig zu wenig genutzt. Typische Diagnosen beim Bremsen sind ein zu sehr hinterradlastiges Bremsen und das Stotterbremsen ohne gefühlvolles Dosieren. Mit Übung und Umstellungen kann man im Trail blockierte Räder vermeiden und mit sicherem Gefühl in technische Passagen rollen!

Zielbremsung auf Schotter & Bremsgefühl entwickeln als Übungsvarianten:
Auf den Zielpunkt zufahren und dann dosiert mit beiden Bremsen das Bike zum Stand bringen. Gleichzeitig zum Bremsvor- gang, bewegt man den Körper dynamisch nach unten, bei sehr abruptem Stillstand leicht hinter den Sattel - die Ellenbogen zeigen dabei weiter nach außen. Diese Stellung halten bis der Bremsvorgang beendet ist. Hinweis: Mit Fingerspitzen- gefühl bremsen und nicht ruckartig oder stotternd. Blockierte, rutschende Räder vermeiden!

Vorderbremse kennen- und lieben lernen: Trockenübung neben dem Gravelbike gehend: Die Vorderradbremse erst voll ziehen, dabei das Heck hochkommen las- sen und dann bei dosiertem Schleifen der Bremse vorangehen – das Hinterrad bleibt dann ohne Ruckeln in der Luft (alternativ anfangs das Hinterrad am Boden lassen, beim Schleifen lassen der vorderen Bremse).

KURVEN-BEISPIEL & BALANCE-ÜBUNGEN

„Schau dort hin, wo Du hinfahren willst!“ Dieses zeitlose Motto gilt beim Gravelbiken besonders, wichtig ist es dabei mit dem gan- zen Körper zu gucken – wer nur den Kopf dreht wird zum Passagier und schafft keine engen Radien!

Also: Am Anfang der Kurve mit dem Blick vorausschauend eine Körperrotation einleiten, den Sattel am inneren Bein spüren! Balance im Alltag üben mit dem Trackstand: Auf dem Arbeitsweg oder daheim mal kurz: Das Gleichgewicht auf dem Gravelike lässt sich ideal mit dem Trackstand / Stehversuch üben. Man steht dabei auf den Pedalen mit waagerechter Pedalstellung. Man schaut auf einen Punkt oder Bereich mehrere Meter vor dem Rad und auf keinen Fall direkt auf oder vor das Vorderrad. Die seitlichen Ausgleichsbewegungen sollte man ruhig ausführen und nicht hektisch. Idealerweise übt man dies erstmal ohne in die Pedale eingeklickt zu sein!

OPTIMALES LERNEN - VIELSEITIGKEIT UND SPASS BEIM ÜBEN, LASSEN DIE MOTIVATION KONSTANT OBEN:

Schritt für Schritt steigern (Baby Steps) – vom Leichten zum Schweren! Geduld mit sich selbst haben, ist wichtig! Müdigkeit und Gefahrenreize sowie Tagesform sind entscheidend – nicht ignorieren! Bunny Hop und Ähnliches zuerst in der Ebene trainieren, bevor man solche Moves im Gelände auspackt. Anfangs lose Hindernisse nutzen! Wir lassen uns nicht von außen unter Druck setzen! Zu schaffende Herausforderungen lassen uns effizient lernen – nicht zu viel wollen!
Hohe Wiederholungsfrequenzen machen die Bewegungen automatisch abrufbar. Die Brechstange zuhause lassen und spiele- risch, sowie auf Trails Erfolge erzielen!

WHEELIE SPASS AUF DEM HINTERRAD

So viele üben dieses Manöver vergeblich und das Gravel macht es einem nicht einfacher durch die sportliche Sitzpositi- on. Für Geländestufen bergauf im Trail ist der Wheelie-Impuls jedoch extrem wichtig! Wichtig: Übt den Wheelie erst unter kontrollierten Bedingungen und habt den Finger stets an der HR-Bremse - die zieht man, falls man droht nach hinten überzukippen!

Schritt 1: Wähle einen Weg mit leichtem Gefälle und einen leichten Gang – gehe nun im Sitzen sehr tief (Gesicht zum Lenker) und bremse Dich fast um Stillstand.

Schritt 2: Explosiv los pedalieren, Arme dynamisch strecken und den Oberkörper nach hinten lehnen.

Schritt 3: Kontinuierlich weiter pedalieren, Blick nach vorne! Merke: Stets einen Finger an den Bremsen halten. Droht der Abflug nach hinten, ziehe die Hinterrad-Bremse!

Tipp: Mit dem Po auf dem Sattel nach vorne rutschen, und dann mit dem Steißbein auf das Sattelende drücken: So entlastet Du deine Arme, kannst diese leicht beugen und entspannt lange Wheelies ziehen, um Kurven zirkeln oder One-Handed-Wheelies üben! Um diesen Effekt zu verstehen, kann man das E-MTB neben sich aufs Hinterrad stellen und mit der Hand auf das Sattelende drücken.

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